Home Familie & coaus dem Leben Kinder ohne Klischees, denn Farben kennen kein Geschlecht!

Kinder ohne Klischees, denn Farben kennen kein Geschlecht!

von Kristina

In einer Welt, die sich rasant weiterentwickelt, scheinen Geschlechterstereotypen ein Relikt vergangener Tage zu sein. Doch die Realität zeigt, dass solche Stereotypen immer noch tief verwurzelt sind. In unserer modernen Gesellschaft halten sich veraltete Geschlechterstereotypen immer noch hartnäckig – insbesondere was Kinder angeht.

Wir sind auch mit unseren Kids immer wieder mit der Thematik konfrontiert: Der Große hat und liebt seine lange blonde Mähne, und besonders die Zwillinge kennen die Zuschreibungen, wenn wieder einmal Fremde sie ansprechen „mei wie liab, zwei Mäderl! So hübsch!“ – Blonde Locken und eine ausgeprägte Vorliebe für rosa, lila, pink und Nagellack sei Dank 😉 Es frustriert mich, wenn sie deswegen gleich so zuschreibend angesprochen werden, aber ich bin auch richtig stolz, wie selbstbewusst sie zu sich und ihren Vorlieben stehen. Als Jungs, die einfach sie selbst sind.

Dennoch wollte ich mich aus gegebenem Anlass auch einmal genauer mit der Thematik auseinandersetzen: Woher kommen diese Zuschreibungen, und welchen Einfluss haben sie auf die Entwicklung unserer Kinder? In diesem Artikel möchte ich das Thema ein wenig ausführlicher beleuchten, einen kritischen Blick darauf werfen und erläutern warum es mir wichtig ist diese Dinge zu hinterfragen und den Weg zu geschlechterneutraler Erziehung zu ebnen.

Zur Geschichte der Geschlechterfarben

Die heutige strikte Zuordnung von Rosa zu Mädchen und Blau zu Jungen ist ein relativ modernes Phänomen. Interessanterweise war es sehr lange genau umgekehrt – freilich nur in den wohlhabenden Familien, der Rest konnte sich solche Spielereien schlicht nicht leisten. Jahrhundertelang galt also Rot als Farbe der Männlichkeit und Rosa – als kleines Rot – wurde somit den Jungen zugeordnet. Die Farbe stand für Entschlossenheit und Kraft. Mädchen hingegen war eher die Farbe Hellblau zugeschrieben, da diese lange zeit mit Sanftheit, Unschuld und daher mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht wurde.

Warum sich diese Farbzuschreibungen im letzten Jahrhundert umdrehten ist nicht ganz geklärt. Sie ist aber in unserem Kulturkreis erst seit den 1950er Jahren vorherrschend. Ein bemerkenswertes Beispiel für diese sich ändernde Farbwahrnehmung ist ein Artikel von 1927 in der Zeitschrift „Time“, in dem eine Umfrage unter großen US-Kaufhäusern zeigte, dass sechs von ihnen Pink für Jungen und Blau für Mädchen empfahlen, während vier das Gegenteil vorschlugen. Dies zeigt, wie fließend und kulturell bedingt die Farbzuweisungen waren, bevor sie sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu den heute bekannten Normen verfestigten​​.

Geschlechterstereotype und die Rolle der Wirtschaft

Die Wirtschaft spielt eine entscheidende Rolle bei der Verstärkung von Geschlechterstereotypen, insbesondere im Kontext von Kinderspielzeug und Kleidung. Anfang des 20. Jahrhunderts waren Spielzeuge und Kinderkleidung selten geschlechtsspezifisch vermarktet. Diese Dynamik änderte sich jedoch in den 1940er Jahren, als Hersteller erkannten, dass sie durch gezieltes Marketing an bestimmte Geschlechtergruppen den Absatz steigern konnten. Diese Strategie führte zur Entwicklung und Vermarktung von Produkten, die speziell für Jungen oder Mädchen konzipiert waren. Spätestens mit der ersten Barbie-Puppe und ihrer pinken Verpackung wurde das neue Geschlechterklischee zementiert.

Bestimmte Farben, Spielzeuge und Kleidungsstücke speziell für ein Geschlecht zu bewerben, war eine bewusste Entscheidung von Unternehmen, um den Verkauf zu steigern. Durch diese geschlechtsspezifische Segmentierung konnten Hersteller Eltern dazu veranlassen, separate Sets von Spielzeug und Kleidung für ihre Söhne und Töchter zu kaufen. Dies führte zu einer verstärkten Verbreitung von Stereotypen, bei denen beispielsweise die Spielzeugregale in Geschäften klar nach Geschlecht getrennt wurden – mit rosa Barbie-Puppen und Prinzessinnen für Mädchen und blauen Lastwagen und Superhelden für Jungen​​​​.

Diese Marketingstrategien haben nicht nur die Produktlandschaft geprägt, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die soziale Wahrnehmung von Geschlechterrollen. Indem sie bestimmte Produkte und Farben mit einem Geschlecht assoziierten, verstärkten sie die Vorstellung, dass bestimmte Interessen und Verhaltensweisen ’natürlich‘ für Jungen oder Mädchen seien. Diese Bilder werden im Alltag durch Familie, Schule, Kindergarten und Werbung transportiert und ziehen sich durch das gesamte Produktsortiment: von der Farbe der Zahnbürste, über Kleidung, Schultaschen, Bettwäsche, Werbung, Filme und Bücher. Und die Industrie kann dadurch doppelt so viel unnötigen Kram verkaufen.

Wie Eltern und Erzieher gegensteuern können

Es liegt an uns, ein Umfeld zu schaffen, das Kinder in ihrer Individualität unterstützt und nicht in Stereotypen festhält. Indem wir geschlechtsneutrale Spielzeuge, Kleidung und Bücher wählen und offene Kommunikation über Gefühle und Interessen fördern, können wir Kindern helfen, sich frei und ohne Einschränkungen durch Geschlechterklischees zu entwickeln​​.

Damit dieser Schritt gelingt, ist es wichtig, dass Eltern und Erzieher aktiv handeln. Eine offene Kommunikation über Stereotypen und deren Einschränkungen ist dabei entscheidend. Eltern sollten ihre eigenen Handlungen und Einstellungen reflektieren, denn auch wir sind stark geprägt von diesen Zuschreibungen. Da Kinder durch Beobachtung lernen ist es wichtig auch unser persönliches Verhalten zu reflektieren. Es ist für viele Eltern ungewöhnlich und vielleicht auch problematisch, wenn ein kleiner Junge beispielsweise ein Kleid oder Nagellack tragen möchte, dennoch ist es wichtig, diese Entscheidung zu unterstützen und ihm zu vermitteln, dass seine Wahl respektiert wird.

Die Bildungsinstitutionen, also Schulen und Kindergärten tragen hier eine wesentliche Rolle um eine inklusive Umgebung zu fördern. Zudem ist es hilfreich, nach Büchern, Filmen und anderen Referenzen zu suchen, die Vielfalt zeigen und unterschiedliche Perspektiven fördern. Der Austausch mit anderen Eltern und Erziehern kann hier sehr förderlich und wertvoll sein. Schließlich ist es aber auch wichtig, die Resilienz des Kindes zu stärken, damit es mit möglichen negativen Reaktionen umgehen kann. Diese Schritte helfen dabei, eine Gesellschaft zu formen, die Kinder in ihrer individuellen Entwicklung unterstützt und stereotype Grenzen überwindet.

Fazit

Die Aufhebung von Geschlechterstereotypen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer offenen und gleichberechtigten Gesellschaft. Indem wir Kindern die Freiheit geben, ihre eigene Identität jenseits von veralteten Normen zu entdecken, legen wir den Grundstein für eine Zukunft, in der jeder Mensch sein volles Potenzial entfalten kann. Auch hinsichtlich der Gleichberechtigung in Partnerschaften und der Aufteilung von Care-Arbeit spielen diese – im Kindesalter transportierten – Werte eine große Rolle, denn wie sollen Jungs einen Zugang zur Welt der Care-Aufteilung und Kindererziehung finden, wenn wir ihnen diese Annäherung schon als Kinder im Spielen verwehren? In der Welt von Farbtrennung und geschlechtergeteiltem Spielzeug gibt es keine fürsorglichen Väter, Puppen sind fast ausnahmslos rosa geprägt und gelten somit in der vermittelten Wertegesellschaft als Mädchenspielzeug als das es auch beworben wird. Unterschwellig werden hier Rollenzuschreibungen vorgelebt, die wir als Erwachsene mit viel Energieaufwand wieder versuchen aufzubrechen. Rosa vs. blau ist also weitaus mehr als ein unbedeutendes Farbenspiel. Farben haben eine große Wirkung und beeinflussen unsere Lebenswege

1 comment

Diana 7. Februar 2024 - 01:52

Ich find das Thema so wichtig und wertvoll, dass du es ansprichst! Ich bekomme das bei meinen Jungs mit langen Haaren auch immer wieder mit und es macht mich so traurig, dass sich viele Kinder davon verunsichern lassen müssen. Danke für eure Worte und Arbeit!!

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