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Plastikfrei(er) Einkaufen

von Tom

Stand kürzlich beim Gemüse und hab vor innerlicher Aufregung bald nen Anfall bekommen. Da wird jedes Stück Obst und Gemüse, sogar Mehl und Milchkartons (!) in separate Plastiksackerl verpackt, als gäbe es kein morgen.

Darauf angesprochen, sagte mir eine ältere Dame:

„Naja, ich weiß eh. Aber ich mach das schon immer so, möchte mir meine schöne Ledertasche nicht einsauen.“

Da bleibt man dann sprachlos stehen und schaut zu wie der nächste sich „ritsch-ratsch-ritsch-ratsch“ gleich mehrere Sackerl vorsorglich in den Wagen lädt.

Natürlich ist bei den Meisten mittlerweile angekommen, dass Plastiksackerl – besonders die Einwegdinger – nicht gut sind. Nur sind an Plastiksackerl verendete Schildkröten und Wale oder mit Mikroplastik verseuchte Fische von der Lebensrealität des Durchschnittssalzburgers, Durchschnittsösterreichers oder Durchschnittsdeutschen ungefähr so weit weg wie das Meer selbst. Dass all das Wasser (und der Müll), das tagtäglich die Salzach herunterfließt, durch den Inn und die Donau schließlich im Schwarzen Meer landet, relativiert die Geschichte ein wenig. Die Flüsse sind beliebig austauschbar, irgendwo landen wir immer im großen Ozean (naja, fast immer).

Eine wilde Müllhalde in Bali. Vom Winde verweht landet vieles davon gleich nebenan im Meer. Papier und Biomüll werden abgebaut, das Plastik bleibt für Jahrtausende erhalten.

Aber sein wir uns mal ehrlich: Wer im Supermarkt sein Obst und Gemüse in Plastiksackerl verpackt ist nicht von Grund auf böse oder ein schlechter Mensch. Aber vielleicht ein wenig faul. Ein Gewohnheitsmensch. Alte, bequeme Gewohnheiten abzulegen ist nicht ganz einfach. Besonders, wenn man an jeder Ecke in seinem Tun bestärkt wird. Mir drängt sich hier sofort der Vergleich mit dem Rauchen auf: Jeder weiß im Prinzip, dass es schädlich ist, aber solange man noch einfach und günstig and die Glimmstängel kommt und die anderen auch noch alle anderen in der Kneipe rauchen kann’s ja irgendwie nicht so schlimm sein.

Analog verhält es sich mit dem Plastikverpackungen: Solange man also noch überall gratis Plastiksackerl und in Plastik eingeschweißte Äpfel bekommt, wird sich wohl wenig ändern – außer man entscheidet sich bewusst dagegen und geht den Leuten ein wenig auf die Nerven 😉

Manchmal ist es ganz einfach

Wenn man ein wenig über den Tellerrand blickt, sind die Plastikverpackungen bei Obst und Gemüse wirklich easy zu vermeiden. Einfach alles lose in den Wagen legen, wenn’s abgewogen werden muss, den Barcode auf ein Teil kleben, lose auf’s Band und zuhause gut waschen. Zugegeben, mehr als 5 Äpfel werden so für’s Kassenpersonal beim Discounter oder im Supermarkt eine Herausforderung.

Ein größeres Angebot an losen Lebensmitteln gibt es meist am Wochenmarkt oder in einigen Bio-Supermärkten. Speziell in Bio-Supermärkten gibt man sich Mühe vieles plastikfrei anzubieten (z.B. Basic mit ihrer Aktion „Enkeltauglich“). Hier gibt es reihenweise feine Lebensmittel und Kosmetika, teilweise fair gehandelt. Von der Qualität sind wir meistens überzeugt, nur darf man nicht vergessen, dass die Bio-Supermärkte ein Premium-Segment bedienen. Für die meisten bleibt der Alltagseinkauf hier nur guter Vorsatz, weil schlicht zu teuer. Andererseits lässt es das paradox wirkende Auftauchen von V10-Turbo-SUVs auf dem „Bio-Parkplatz“ eine wenig plausibler erscheinen.

Im türkischen, arabischen oder asiatischen Lebensmittelladen gibt es das meiste Obst und Gemüse unverpackt. Hier solltet in natürlich eine passende Verpackung mitbringen, denn noch nicht alle sind hier auf Papiersackerl umgestiegen. Sonst landets am ende doch wieder im Plastiksackerl.

Schließlich gibt es mittlerweile in Städten immer mehr Unverpackt-Läden (die findet man am Land eher selten). In Salzburg immerhin einen: Frau von Grün im Andrä-Viertel (https://www.frauvongruen.at). Hier gibt es ein breites Angebot von Lebensmitteln, allesamt Bio, zum Selbstabfüllen. Reinschauen lohnt sich in jedem Fall. Aber auch die Biosupermarktketten Denn’s (in der Sterneckstraße) und Basic (Alpenstraße) führen einiges an unverpackten Lebensmittel und Kosmetikartikel.

Eine weitere Alternative, die auch für bequemere Menschen gut geeignet ist: Die Bio-Kiste. Hier bekommt man alle sieben oder vierzehn Tage eine Mehrwegkiste mit Obst und Gemüse geliefert. Besonders empfehlenswert ist die regionale Variante: Hier gibt’s saisonales und regional angebautes vom Bio-Bauern. Nicht ganz günstig, aber bequem.

Manchmal auch schwieriger – Eingeschweißte Bauernhofromantik

Am schwierigsten lässt sich das plastikfreie Einkaufen bei verderblichen Produkten umsetzen. Praktisch alle Produkte, die man in der Kühltheke bekommt – speziell Milchprodukte – , kommen in praktischen Plastikverpackungen daher. Luftdicht eingeschweißt, hygienisch, und einfach zu greifen. Da führt beim Discounter kein Weg dran vorbei. Egal ob es nun die konventionell hergestellte Extra-Wurst, der Bio-Käse oder die in österreich hergestellten veganen Tofu-Schnitten. Alles kommt im bunten, praktischen Kunststoffkleid daher. Gerade bei „Bio“ und „Vegan“ eigentlich absurd. Auch die neu eingeführten Glasflaschen für Milch aus dem Supermarkt sind leider nur Augenwischerei – denn es handelt sich hier um Einwegflaschen, die im Glascontainer landen (mehr dazu hier im Faktencheck bei der Umweltberatung).

Mehr Weg für Mehrweg?

Dabei gibt es mittlerweile (wieder) für die viele Lebensmittel Mehrweglösungen. Milch, Joghurt oder Honig direkt vom Erzeuger im Pfandglas ist selbst in Salzburg möglich – nur muss man eben wissen woher. Rohmilch wird verpackungsfrei von einigen Bauern in Salzburg direkt ab Hof (meist zum Selbstabfüllen am Automat) angeboten (z.B. Erentrudishof, Neubauers Stadtstall, in der Hellbrunner Allee), Joghurt von Landliebe gibt’s seit Jahren im Pfandglas und Honig im Pfandglas vom Imker kann man entweder direkt vom Imker oder im Bioladen und Reformhaus. Im Supermarkt und Discounter ist die Mehrwegrate in Österreich erschreckend niedrig. Gerade bei Getränken, wo es traditionell einen hohen Mehrweganteil gibt, werden nur noch 22% der Produkte in Mehrwegflaschen verkauft. Wo’s 1997 (68% Anteil) noch die Quote gab, wurde diese von der ersten schwarz-blauen Regierung 2001 dereguliert. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie hilft hier wenig. Die einzigen, die den Mehrwegweg fast vollständig gehen sind die Brauereien. Beim Bier in PET-Flaschen hört der Spaß eben doch auf. Wobei: Auch hier geht der Trend zur ökologisch ungünstigen Einweg-Glasflasche.

Unconvenient Convenience-Food

Ein verherendes Bild zeichnet die Convenience-Food-Abteilung. Bei in Plastikbechern abgefülltem Zucker-Milch-Kaffee, der mit einer Aluhaut und zusätzlichem Plastik-Trinkdeckel daherkommt, in Plastik eingeschweißten Wraps, „gesunden“ Smoothies aus der Plastikflasche oder dem fertigen Salat in der Plastikschüssel, sollte eigentlich jeder eine Gänsehaut bekommen. Das bequeme Essen kommt nicht nur scheiße verpackt daher, es ist auch (oft) viel Scheiße (Lebensmittelchemie) drin. Womit wir wieder beim Kern des Problems wären. Eigentlich weiß jeder, dass es g’scheiter wär‘ drauf zu verzichten. Wenn’s nicht so verdammt bequem wäre.

Und nun?

Ein besonderes Schmankerl, das man in Österreich zum Glück noch selten findet: In Plastikverpackte mit Folie umwickelte Eier. Gefunden in Spanien.

Fest steht: Obwohl das Bewusstsein in Österreich und Europa durchaus langsam ankommt, dass Wegwerf- und speziell Plastikverpackungen a Schaß san, ist es derzeit noch beeindruckend schwer – aber wirklich nicht unmöglich (!) – plastikfrei einzukaufen. Wobei – im Vergleich zu Ländern wie z.B. Spanien, wo auch Bananen eingeschweißt und Eier in mit Folie umwickelter Plastikverpackung daherkommen – haben wir fast noch einen leichten Stand. Dennoch muss sich etwas ändern – bevor es zu spät ist. Und es liegt an jedem Einzelnen von uns, seinen inneren Schweinehund zu überwinden, den Einkauf besser zu planen, Mehrweg den Vortritt zu geben, und Conveniece-Food einfach links liegen zu lassen. Auch wenn’s noch so unbequem ist.

Am Wochenmarkt bekommt man fast alles was das Lebensmittelherz begehrt ohne Verpackung – vorrausgesetzt man nimmt sich Stoffsackerl oder Körbe zum einpacken mit. Auch Wurst, Fleisch, Käse und andere Milchprodukte gibt’s hier ohne Verpackung: Eigentlich perfekt geeignet, die schicken Emaille-, Glas-, oder Edelstahldosen mal auszuführen. Oder die alten Tupper-Dinger.

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