Neugeborenes hält die Hand der Mutter

Kinder.

von Kristina

Boah wenn man Kinder hat ist ja das Leben irgendwie vorbei…. alles ist so stressig und man kommt ja gar nimma raus. Außerdem ist so ein Leben in einer langweiligen Doppelhaushälfte sowieso nicht mein Ding.


In diesem Beitrag möchte ich ein bisschen mit alten Konventionen und Rollenbildern aufräumen – und alle, die gerade die Transformation zum Familienmensch durchmachen ein wenig an die Hand nehmen.

Ich muss ja zugeben – ein Leben mit Kind konnte ich mir auch lange nicht vorstellen – „nur nicht die Freiheit und Unabhängigkeit aufgeben“. Oder war es einfach nur das krampfhafte Festhalten an meiner Sprunghaftigkeit, mit der ich mir immer möglichst viele Türen offenhalten wollte?

Und dann war da plötzlich Mo in meinem Leben. Und hat mein (eigentlich unser) Leben völlig auf den Kopf gestellt. Vergleiche ich mein Leben jetzt mit dem der Vor-Mo-Zeit muss ich eingestehen: Ich bin in manchen Belangen ein bisschen „spießig“ geworden und – ihr werdet lachen – ich mag es. (Ok ich muss auch selber über mich lachen.)
Aber was ist denn jetzt eigentlich Dramatisches passiert? Und was hat sich Grobes in meinem Leben verändert?

Im Grunde gar nicht so viel, außer dass Tom und ich jetzt nicht mehr in getrennten WGs, sondern einer gemeinsamen WG wohnen. Und wie es sich für eine richtige WG gehört nervt man sich gegenseitig mit verlorenen Haarbüscheln im Bad, führt Grundsatzdiskussionen zur richtigen Verwendung von Zahnpastatuben (Man drückt die Zahnpasta vom Ende her aus der Tube, nicht aus der Mitte, verdammt noch mal!), und diskutiert manchmal darüber, wer mit Putzen dran ist. Aber: Jetzt kann er mir jeden Morgen den Kaffee ans Bett bringen (tut er wirklich ❤). Und irgendwie ist einfach alles „meine“ und „seine“ zu „unserem“ geworden. Egal ob Socken, Gesichtscreme oder die Erdnussbutter am Frühstücksbrot…

Naja und dann gibt‘s ja noch unseren dritten Mitbewohner, der ein ziemlicher Rowdy sein kann, seine Sachen sowieso ständig rumliegen lässt, alles vollbröselt und manchmal früh morgens um 6 unendlich gut gelaunt ganz viel Krach macht. Der die Spülmaschine ausräumt, obwohl das Geschirr dreckig ist, und den Wohnzimmertisch mit dem Salatbesteck traktiert. Ein Mitbewohner, der gerne eine CD mit furchtbaren Ohrwürmern in Dauerschleife hört, und der uns fast jede Nacht aufweckt.

Warum wir ihn trotzdem nicht missen wollen? Weil er uns so viele schöne Momente schenkt. Er bringt uns ganz viel zum Lachen und macht uns ganz oft ganz stolz (ein Gefühl, das man ohne Kind nicht nachvollziehen kann – von diesen gibt‘s übrigens eine ganze Palette, und die Gefühlsfarben schillern in allen nur vorstellbaren Tönen von hellemsonnengoldgelb bis dunkelblaufastschwarz), bringt uns zum Schmunzeln wenn wir merken, dass er uns unsere Eigenheiten vorzeigt, weil er alles imitiert und alles toll findet was Mama und Papa machen (außer sie verbieten etwas, was gerade ultramegaspannend ist – diese Spaßverderber). Aber auch weil er uns manchmal an unsere Grenzen bringt und uns wachsen lässt, wir erkennen, dass wir noch viel mehr aushalten können und viel weniger Schlaf brauchen als wir je geglaubt haben (selbst im Vergleich mit Zeiten in denen wir selten vor 3 Uhr morgens das Haus betraten). Am verwunderlichsten ist aber eigentlich diese bedingungslose Liebe, die man plötzlich fühlt und jeden Moment lebt – ohne sie auch nur für eine Sekunde zu hinterfragen. Da ist plötzlich dieses kleine Wesen und überstrahlt alles was man geglaubt hat zu kennen.

Wir haben Biere und Zigaretten gegen Windeln und Fläschchen getauscht, aber das ist der Punkt der mir persönlich am aller wenigsten fehlt. Vielleicht habe ich das einfach zu exzentrisch gelebt. Aber ich glaube diese Bar-Erlebnisse relativieren sich ohnehin irgendwann. Spätestens wenn man plötzlich realisiert, dass man alle Situationen schon einmal erlebt, mit allen Kellnern ’nen Schnaps getrunken und alle Gespräche schon einmal geführt hat. Als ich das realisierte war ich übrigens keine hundert – sondern nur knappe dreißig.

Abgesehen davon haben wir unser Leben nicht grundlegend verändert. Ich habe nach der Karenz eine neue Karriere gestartet, wir lieben es zu reisen und machen das auch so oft es Konto und Urlaubstage erlauben. Wir lieben es nach wie vor in der Natur zu sein und genießen die Freiheit draußen sogar noch viel häufiger, weil wir viel weniger oft verkatert und bedeutend fitter sind. 😀

Die meisten unserer Hobbies sind  – auf die eine oder andere Weise – die gleichen geblieben (abgesehen vom Fortgehen). Trotzdem ist natürlich vieles anders. Man lässt oder nimmt sich mehr Zeit für alles und man versucht die Bedürfnisse der Einzelnen, aber natürlich vor allem die vom Mini, zu berücksichtigen. Das heißt aber nicht, dass Aktivitäten die uns früher Spaß gemacht haben ersatzlos gestrichen werden. Ja natürlich haben sie sich der Situation angepasst, sind ein bisschen weniger spontan und besser geplant.

Und natürlich kennen auch wir die Momente der Überforderung, die Momente in denen man den Nachwuchs nur noch gegen die nächste Wand klatschen möchte, seinen Koffer packen und Inkognito verschwinden und den Partner entloben. Aber das gehört wahrscheinlich einfach dazu.

Wer mir erzählt solche „Ich-schmeiß-alles-hin-und-wandere-nach-Mexiko-aus“-Momente gäbe es in einer Beziehung ohne Kind nicht, der macht sich selbst was vor – oder führt ein stinklangweiliges und unemotionales Leben.

Was ich damit sagen will: Das Leben endet nicht, wenn plötzlich ein Kind im Anmarsch ist. Es wird auch nicht weniger lebenswert oder langweilig. Nur der Fokus verschiebt sich ein wenig. Und Du musst Dich nur darauf einlassen und entspannt bleiben. Dann erledigt dein Nachwuchs den Rest schon von Allein.

10 Kommentare

Gerald 20. Dezember 2018 - 08:15

Würde ich so unterschreiben! Toller Artikel!

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Kristina 20. Dezember 2018 - 13:02

Danke Gerry!

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fraeuleinwunderbar 20. Dezember 2018 - 08:38

Hahahaaa entspannt bleiben ? wie geht das nochmal??
Nein alles gut.
Mir fehlt schon oft mein eigenbrötlerisches Handeln, allein sein für 1 oder 2 Tage. Andererseits muss man nie wieder allein sein ?

Der Artikel und mein Kommentar sind eben nur der Versuch eine neue Gefühlswelt zu beschreiben, die man Kinderlosen gar nicht beschreiben kann! Ich liebe es ❤

und hei: so einen billigen Rausch wie jetzt als Jungmami hatte ich vl in den Anfangszeiten vom Fortgehen ?

Antworten
Kristina 20. Dezember 2018 - 13:02

Ja das ist wohl wahr. 3 Bier und 3 Zigaretten und Zeit zum Heimgehn 😉 Danke!

Antworten
Marion 20. Dezember 2018 - 11:22

Du sprichst mir aus der Seele… Vor allem was fort gehen, Bier und Zigaretten angehen, wobei mir das schon fehlt??
Aber am Ende des Tages war es alles Wert?

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Kristina 20. Dezember 2018 - 13:01

Danke Marion! Es spricht ja auch nichts dagegen das hin und wieder zu machen, aber der nächste tag ist den Abend davor meist nicht wert 😀

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Hans K. 20. Dezember 2018 - 15:27

Gut gelungen meine Tochter. Dachte lange nicht an diesen tollen Wandel.

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Carina 9. Oktober 2019 - 09:29

Toll geschrieben! Macht echt Spaß zu lesen! Weiter so und alles Gute! Liebe Grüße aus dem schönen Ostfriesland?? ???

Antworten
Katarina 6. Januar 2019 - 15:42

Da ich drei von diesen bröslern habe ? und meine Zeit sehr begrenzt ist… sag ich nur super Artikel ?

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Kristina 6. Januar 2019 - 19:21

danke Kati 🙂

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